File talk:Verbreitung der Konfessionen im deutschen Reich.jpg

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The following is the original commentary to this image, from Meyers Konversationslexikon 5. Auflage. This text, like the image itself, is in the public domain due to expiry of copyright.

Zur „Konfessionskarte des Deutschen Reiches“.[edit]

Übersicht der Religionsbekenntnisse im Deutschen Reich am 1. Dezember 1890.
Staaten Evan-
gelische
Katho-
liken
Sonst.
Christ.
Juden Übri-
ge
Preußen 19 232 449 10 252 818 95 349 372 059 4 692
Bayern 1 571 863 3 962 941 5 786 53 885 507
Sachsen 3 351 751 129 382 11 519 9 368 664
Württemberg 1 407 176 609 794 6 723 12 639 190
Baden 598 678 1 028 222 3 954 26 735 278
Hessen 666 118 293 651 7 390 25 531 193
Meckl.-Schwer. 570 703 5 065 373 2 182 19
S.-Weimar 312 738 11 695 364 1 252 42
Meckl.-Strelitz 96 773 654 43 489 19
Oldenburg 274 410 77 769 1 216 1 552 21
Braunschweig 383 652 16 419 846 1 635 1 221
S.-Meiningen 219 207 2 789 276 1 560
S.-Altenburg 168 549 2 092 100 45 18
S.-Koburg-Gotha 202 444 2 921 565 549 34
Anhalt 261 215 8 875 281 1 580 12
Schw.-Sondersh. 74 615 637 25 228 5
Schw.-Rudolst. 85 342 397 43 71 10
Waldeck 54 704 1 658 159 753 7
Reuß ä. Linie 61 572 938 173 62 9
Reuß j. Linie 118 072 1 181 386 147 25
Schaumb.-Lippe 38 160 607 30 366
Lippe 123 111 4 332 58 989 5
Lübeck 74 544 1 143 122 654 22
Bremen 169 991 8 272 1 106 1 031 43
Hamburg 571 497 23 444 4 836 17 877 4 876
Elsaß-Lothringen 337 476 1 227 225 3 757 34 645 403
Deutsch. Reich 31 026 810 17 074 921 145 540 567 884 13 315
Dagegen 1885 29 369 847 16 785 734 125 673 563 172 11 278
1880 28 331 152 16 232 651 78 031 561 612 30 615
1871 25 581 685 14 869 292 82 158 512 153 17 156
Zunahme
1871–90
absol. 5 445 125 2 805 629 63 382 55 731 −3 841
Proz. 21,3 18,9 77,1 10,9 −22,4

Unter 1000 Einwohnern waren (1890):

in den
Provinzen,
Staaten
Evang. Kathol. Juden
Ostpreußen 855,6 131,3 7,3
Westpreuß. 475,1 500,5 15,2
Berlin 856,7 85,8 50,2
Brandenbg. 956,5 35,4 5,4
Pommern 970,7 18,1 8,1
Posen 309,4 664,6 25,3
Schlesien 454,8 532,1 11,4
Sachsen 923,9 71,0 3,1
Schl.-Holst. 976,5 17,9 2,9
Hannover 864,7 126,2 6,6
Westfalen 474,8 514,9 7,9
Hess.-Nass. 694,8 273,6 26,8
Rheinland 275,1 711,6 10,0
Hohenzoll. 37,9 952,1 10,0
Kgr. Preuß. 642,0 342,2 12,4
Bayern, r.-rh. 241,0 749,5 8,8
— Pfalz 547,7 432,9 15,1
Kgr. Bayern 281,0 708,3 9,6
Sachsen 956,9 36,9 2,7
Württembg. 691,0 299,4 6,2
Baden 361,1 620,2 16,1
Hessen 670,9 295,8 25,7
Mckl.-Schw. 986,8 8,7 3,8
in den
Provinzen,
Staaten
Evang. Kathol. Juden
S.-Weimar 959,1 35,9 3,8
Meckl.-Strel. 987,7 6,7 5,0
Oldenburg 773,0 219,1 4,4
Braunschwg. 950,2 40,7 4,0
S.-Meiningen 979,3 12,5 7,0
S.-Altenburg 986,5 12,2 0,3
Kobg.-Gotha 980,3 14,1 2,7
Anhalt 960,5 32,6 5,8
S.-Sondersh. 988,2 8,4 3,0
S.-Rudolst. 993,9 4,6 0,8
Waldeck 955,0 28,9 13,2
Reuß ä. L. 981,2 14,9 1,0
Reuß j. L. 985,5 9,9 1,2
Sch.-Lippe 974,4 15,5 9,3
Lippe 958,1 33,7 7,7
Lübeck 974,6 14,9 8,6
Bremen 942,1 45,9 5,7
Hamburg 918,0 37,7 28,7
Elsaß-Lothr. 210,5 765,3 21,6
Dtsch. Reich 627,7 357,6 11,5
Dageg. 1885 626,8 358,2 12,0
1880 626,3 358,9 12,4
1871 623,0 362,1 12,5

Nach den konfessionellen Umwälzungen der Reformation und der darauf folgenden Gegenreformation setzte der Westfälische Friede den Besitzstand der in Deutschland herrschenden Konfessionen fest, und im wesentlichen hat sich derselbe wenig verändert, wenn auch infolge der größern Toleranz, welche allmählich Eingang gefunden hat, zahlreiche zum Teil große katholische Gemeinden in ursprünglich protestantischen Landen und umgekehrt evangelische in katholischen bereits entstanden und fortgesetzt im Entstehen sind. Während der letzten Jahrzehnte macht sich unter dem Einfluß der Eisenbahnen und der Freizügigkeit eine allmähliche Ausgleichung geltend, indem durch die starke innere Wanderung (vgl. S. 866) die Gebiete mit einheitlichem Bekenntnis auch Zuzug Andersgläubiger erhalten. Am fühlbarsten tritt diese Thatsache wieder in den Großstädten und sonstigen Arbeitszentren auf. Selbst auf dem Lande, namentlich auf den Gütern, ist sie als Folge der »Sachsengängerei« , d. h. der Beschäftigung und Ansiedelung von ländlichen Arbeitern aus dem Osten in den mittlem und westlichen Landesteilen, in neuerer Zeit deutlich wahrnehmbar.

Unsre die Verbreitung der herrschenden Konfessionen im Deutschen Reich darstellende Karte, die als einzige ihrer Art gemeindeweise bearbeitet und, soweit der Maßstab dies irgend zuließ, auch so gezeichnet worden ist, gibt einen genauen Einblick in das Vorwiegen der einen oder der andern Konfession in allen Teilen des Reiches sowie in die soeben angedeutete Entwickelung. Sie erinnert in ihrer verschiedenen Abstufung aber noch ganz an die bunte Karte des »Römischen Reiches deutscher Nation« und ist auch nur durch die Kenntnis von dessen Territorialverhältnissen verständlich; denn damals war der Grundsatz »Cujus regio, ejus religio« bestimmend dafür, was katholisch, was protestantisch blieb: daher finden wir in den Gebieten der zerfallenen alten Herzogtümer Schwaben, Franken und Sachsen den raschesten Wechsel beider Kirchengebiete nebeneinander. Die durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 und durch den Wiener Frieden von 1815 herbeigeführten Gebietsveränderungen der einzelnen Staaten brachten aber wieder evangelische und katholische Bezirke unter eine Herrschaft. Im S. herrscht sonst die katholische, im N. die evangelische Kirche. In wenigen Bezirken standen beide Konfessionen gleichberechtigt nebeneinander. Katholisch blieben die drei großen Erzbistümer am Niederrhein: Mainz, Trier, Köln, die westfälischen Bistümer Münster (mit der Münsterschen Geest im jetzigen Herzogtum Oldenburg) und Paderborn, die fränkischen Bistümer am Main: Würzburg und Bamberg, und das Stift Fulda, an der Altmühl das Bistum Eichstätt, am Rhein noch die Bistümer Worms und Speyer, dazu alles österreichische Land am Oberrhein und in Südschwaben das sogen. Vorderösterreich, die schwäbischen und bayrischen Bistümer und Prälaturen und das Herzogtum Bayern mit der Oberpfalz; nur in Schlesien wollte trotz Gewalt und List die Gegenreformation nicht völlig gelingen und wurde unmöglich, seit Karl XII. von Schweden den Protestanten wieder freiere Bewegung geschafft hatte. Dagegen waren protestantisch der ganze Norden von Ostfriesland bis Pommern, der größere Teil des Wesergebiets, das gesamte Elbgebiet abwärts von der Grenze Böhmens, das Odergebiet von Schlesien abwärts; sie bildeten ein großes, zusammenhängendes evangelisches Gebiet, an dessen nordwestlicher Grenze im Bistum Osnabrück und Minden, am östlichen Harzfuß in Halberstadt und in der Lausitz die katholische Kirche gleichberechtigt sich mit ihren alten geistlichen Stiftungen erhielt. Innerhalb dieses Gebiets lagen nur einzelne katholische Inseln, so die mainzischen Besitzungen in Niederhessen und Thüringen mit dem Eichsfeld und Erfurt und das Bistum Hildesheim, wo nur in den Städten Hildesheim und Erfurt auch die evangelische Kirche gleichberechtigt blieb. In mehreren Halbinseln griff das protestantische Gebiet zwischen die katholischen Lande ein; eine langgestreckte zog von der Werra durch Hessen und die Wetterau bis zum Odenwald. Kurpfalz mit seiner gemischten katholisch-protestantischen Bevölkerung verband sie mit dem vorwiegend lutherischen Zweibrücken jenseit des Rheins. Insular lagern sich, vom katholischen Westfalen und Unterrheinland umgeben, das reformierte preußische Kleve und die Grafschaft Mark; das Herzogtum Berg mit Düsseldorf hatte und hat katholisch-protestantische Bevölkerung. Andere protestantische Inseln im katholischen Gebiet bildeten die Grafschaften Bentheim (holländische Grenze), Sayn (bei Koblenz), Löwenstein (bei Heilbronn, Württemberg), Kastell (Unterfranken) u. a., die zahlreichen Reichsstädte, von denen wenige katholisch blieben, viele zerstreute Dörfer von Reichsrittern mitten im katholischen Fulda, Würzburg, Bamberg und Eichstätt und die eingeschlossenen sächsischen Ämter. Eine zweite protestantische Halbinsel in das katholische Land hinein, die vom Fichtelgebirge bis zum Rhein reicht, bildeten durch Franken und Schwaben die Brandenburg-Bayreuther und Ansbacher, die Öttingen-Öttingschen, die meisten Hohenloheschen, die württembergischen und Baden-Durlachschen Lande, umgeben von zahlreichen kleinen Parzellen, von der Grafschaft Pappenheim und von den zahlreichen Reichsstädten, unter denen manche, wie Augsburg, paritätisch waren. Merkwürdig ist der auch hierin sich aussprechende Gegensatz, denn während mitten im katholischen Schwaben, von Augsburg bis Lindau, die Reichsstädte protestantisch waren, blieben die von Württemberg umschlossenen, wie Stadt Weil und Schwäbisch-Gmünd, katholisch. Im Laufe der Zeit hat der Zuzug aus der Umgebung mit anderm Bekenntnis allmählich derartige Veränderungen erzeugt, daß in ehemals überwiegend protestantischen Städten hier im Süden jetzt die katholische Kirche vorherrscht. Im bayrischen Kreis (Oberpfalz, Niederbayern) bildeten die paritätische Reichsstadt Regensburg und die lutherische Grafschaft Ortenburg bei Passau die äußersten und einzigen Vorposten des Protestantismus gegen SO. In der nördlichen Oberpfalz erhielt sich nur in den sulzbachschen Landen der Protestantismus neben der katholischen Kirche.

Im Reichsland Elsaß-Lothringen hatte sich das Verhältnis der Konfessionen zu einander während der französischen Herrschaft wesentlich zu gunsten der Katholiken geändert; so wurden aus den ehemals evangelischen Städten Straßburg und Mülhausen vorwiegend katholische. In Straßburg ist jetzt allerdings wieder ein Gleichgewicht hergestellt. Die starken Garnisonen mit altdeutschen Truppenteilen haben auch in andern elsässischen und lothringischen Städten den Anteil der Protestanten gesteigert. In den ehemaligen Besitzungen der Grafen von Hanau-Lichtenberg, der Grafschaft Saarwerden, den Gebieten der alten Reichsstadt Straßburg und einigen kleinern Landesteilen und reichsritterschaftlichen Orten im Unterelsaß sowie im Gebiete der ehemaligen Reichsstadt Münster, im reichsländischen Kreise Kolmar und in der württembergischen Grafschaft Horburg hat sich die evangelische Kirche vorherrschend erhalten; in allen andern Teilen des Reichslandes sind aber die Katholiken überwiegend, meist sogar fast allein herrschend.

In der Provinz Ostpreußen, im äußersten Nordosten des Reiches, ist das Gebiet des ehemaligen Ordenslandes und Herzogtums Preußen fast ganz evangelisch; fast ganz katholisch ist nur die Landbevölkerung des Bistums Ermeland, das also eine Insel zwischen den evangelischen Landesteilen Ostpreußens bildet; Westpreußen, soweit es ehedem zu Polen gehörte, ist sehr gemischt. In der Provinz Posen bekennen sich die zahlreich in den letzten Jahrhunderten eingewanderten Deutschen überwiegend zur evangelischen (ihre geschlossenen Ansiedelungen, die sogen. Haulande, fast ausnahmslos), die Polen fast ausschließlich zur katholischen Kirche.

Wegen der Juden vgl. Seite 873 sowie die nach gleichen Grundsätzen (gemeindeweise) bearbeitete Karte »Verteilung der Juden im Deutschen Reich«.