File:Kerkerkapelle - li - 2023-02-24 - 093b.jpg

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Summary[edit]

Description
Deutsch: Bad Tölz, Kalvarienberg: Der Aufstieg auf den Berg aus Richtung Süden (von der Altstadt her) führt an mehreren Skulpturengruppen und Bauwerken vorbei, die die Passion Jesu Christi (mehr oder weniger in der richtigen Reihenfolge) nachzuvollziehen erlauben. Trotz der langen Bauzeit von mehr als 200 Jahren (etwa 1718–1926) ergibt sich ein harmonisches Ganzes. Diese Reihe aus dem barocken Geist gestalteter, großformatiger und zum Teil bühnenhaft-theatralischer Darstellungen – gewissermaßen ein theatrum sacrum – zu durchschreiten hat bis heute „Erlebniswert“, sei es aus christlich-religiöser oder aus kunst- und kulturgeschichtlicher Perspektive. Zudem bietet der Berg schöne Aussichtspunkte mit Blick auf Bad Tölz, die Isar und den Isarwinkel nach Süden bis ins Gebirge.

Einer der gedanklichen Ausgangspunkte ist wohl in einer „naiven“ Äußerlichkeit zu sehen: Da Anfang und Ende des Leidenswegs einst in Jerusalem nach der biblischen Überlieferung jeweils auf einem Berg stattfanden, am Ölberg (Gethsemane) und am Berg der Kreuzigung (Golgatha), legte man auch die fromme Nachbildung auf einem Berg an. Und wenn der andächtige Christ beim Hinaufsteigen einigen Schweiß vergießen muss, passt auch das zum mit-leidenden Nachvollzug der Passion Jesu.

Beim Anstieg von der Altstadt aus hält man in halber Hanghöhe (über den Dächern und hinter den Gärten der letzten Häuser) zum ersten Mal inne:

(1) Ölberg: Christus betet kniend zum Vater. Ein Engel erscheint ihm und reicht ihm den bitteren Kelch. Christus nimmt das Leiden an und erklärt dem Vater gegenüber demütig: „fiat voluntas tua – dein Wille geschehe“. So ist es hier auf der Gewandborte am Halsausschnitt des roten Gewandes zu lesen. Währenddessen sind die Jünger, die ihn auf den Ölberg begleitet hatten, eingeschlafen; ihre Figuren liegen am Fuß des Hügels in kleinen Grotten.
Was für den gesamten Kalvarienberg gilt, trifft auch auf das Ölberg-Ensemble zu: Die Figuren der Jünger (Holz, 18. Jh.), der überlebensgroße Christus (Stein, 1836) und der Engel (Metallguss, 1. Hälfte 19. Jh.) stammen aus unterschiedlichen Zeiten und von drei verschiedenen Künstlern; sie wurden erst um 1895 zusammengestellt, und doch ergibt das Ganze guten Sinn. Die räumliche Anordnung am Hügel, bei der man beispielsweise die Jünger und die Christusfigur kaum einmal gemeinsam im Blick hat, trägt sicher auch dazu bei, dass etwaige Stilunterschiede usw. nicht auffallen.

Der weitere Aufstieg führte nach der ursprünglichen Konzeption von 1718 an sieben Wegkapellen mit den Sieben Fußfällen entlang auf den Berg. Diese waren im 19. Jh. wohl verfallen(?). Jedenfalls traten ab 1874 vierzehn Kreuzwegstationen aus Sandstein (mit Reliefs) an ihre Stelle, die wiederum nach etwa einem halben Jahrhundert ersetzt wurden.

(2) Fünf Stationskapellen aus dem Jahr 1926 beherbergen seither vierzehn Gemälde der Kreuzwegstationen von Gebhard Fugel mit den üblichen Darstellungen, von der Verurteilung Jesu durch Pilatus bis zur Grablegung. Die andernorts manchmal als fünfzehnte Szene dargestellte Auferstehung ist hier nicht im Zyklus enthalten, wodurch in der obersten Stationskapelle ein Wandabschnitt „übrig bleibt“; an diesem hängt nun eine Schrifttafel mit einem alttestamentarischen Bibelzitat.

Vor der nächsten Kapelle (3) steht am Wegrand ein Brunnen mit einer Büste des Heiligen Leonhard (1909), der die Reihe der Passionsdarstellungen unterbricht.

(3) Kerker- und Annagelungskapelle: Am Fuß des Golgatha-Hügels steht, nahtlos in den Hügel übergehend, eine niedrige, äußerlich unscheinbare zweistöckige Kapelle (Doppelkapelle).
Der untere Raum ist als Jesu Kerker zu verstehen. Die Skulpturen und die auf Schrifttafeln wiedergegebenen Bibelzitate sollen dem gläubigen Christen den Sinn von Leiden, Tod und Auferstehung als Erlösungstat verdeutlichen.

  • In der mittleren Nische steht der gefesselte Heiland an der Geißelsäule, zu seinen Füßen knien Petrus und Maria Magdalena. – Schrifttafel: „Sie haßten Ihn ohne Ursache“ (vgl. Joh 15,25).
  • Links: Maria als Schmerzensmutter, der ein Engel erscheint. – Schrifttafel: „Mein Elend ist groß wie das Meer“.
  • Links außen: ein trauernder Engel, der sich die Augen trocknet, daneben die Schrifttafel: „Es wird Freud im Himmel seyn über ein Sünder, der Buß thut, dann über neunundneunzig Gerechte, die der Buß nicht bederft“ (Lk 15,7).
  • Rechts: der „gute Schächer“ Dismas, dem Christus erscheint. – Schrifttafel: „Herr, gedenke nicht der Sünden meiner Jugend“ (Ps 25,7).
  • Rechts außen: ein Engel mit dem Kreuz, daneben die Schrifttafel: „Ich hab die Übertretter gesehen und bin verschmacht, dann sie haben dein Wort nicht gehalten“ (Ps 119,158).

Der obere Raum, zu dem man über eine enge, in die Mauer eingelassene Wendeltreppe hinaufsteigt und von dem man auf der anderen Seite über eine ebensolche Treppe wieder herabsteigt, versinnbildlicht die Annagelung Jesu an das Kreuz. Dargestellt ist allerdings nicht die eigentliche Aktion mit Henkersknecht, Hammer und Nägeln, sondern das Ergebnis: In der Mitte des Raums liegt ein großer, noch nicht aufgerichteter Kruzifixus auf dem Boden, links und rechts knien mit-leidend Maria und Johannes. An der Rückwand zeigen fünf Fresko-Wandbilder Szenen aus dem Leiden Jesu und alttestamentliche Vorbilder.

Die Kerker- und die Annagelungskapelle sind einheitliche Schöpfungen des frühen 18. Jahrhunderts. Nicht besonders „kunstvoll“, aber ganz ungewöhnlich.

(4) Kreuzigungsgruppe: Der hinter dieser Kapelle aufgeschüttete Hügel bildet den Berg Golgatha in Jerusalem nach. Auf der Anhöhe stehen, weithin sichtbar, die drei Kreuze mit Christus und den beiden Schächern. Darunter stehen Maria und Johannes, in der Mitte kniet Maria Magdalena. Die in Kupfer getriebenen Figuren wurden von verschiedenen Künstlern im Zeitraum von 1721 bis 1872 (oder nach anderen Angaben sogar bis ins 20. Jahrhundert) geschaffen. Auch dieser Teil des Kalvarienbergs ist also erst nach und nach gewachsen und zu dem Ensemble geworden, das wir heute sehen.

Der Charakter der Pilger-Wanderung setzt sich in der abschließenden Doppelkirche fort: Auch sie will in der Abfolge mehrerer Räume/Raumteile durchschritten werden, damit man sie richtig erfasst.

(5) Kreuzkirche: Den ersten Teil der Doppelkirche bildet die eigentliche Heilig-Kreuz-Kirche. Nachdem die Kreuzigungsgruppe auf dem Hügel neben der Kirche den Tod Jesu vor Augen führte, geht es in der Kirche um das Kreuz als dadurch geheiligtes und verehrungswürdiges Objekt und Symbol. Der Hochaltar zeigt das bloße Kreuz (ohne den Gekreuzigten), die Themen der Fresken sind auf die Verehrung des Kreuzes ausgerichtet.

Im Blickpunkt des Raums, in einem Gewölbe unter dem Hochaltar, ist ein Heiliges Grab mit der Skulptur des Leichnams Jesu eingerichtet. (Während bestimmter Zeiten des Kirchenjahrs ist es aber nicht zu sehen. Unter anderem dient der kleine Raum in der Advents- und Weihnachtszeit als Aufstellungsort für die Krippe.)

Links und rechts des Heiligen Grabes führen schmale Treppen abwärts in den zweiten Teil der Doppelkirche. Den größten Teil des Raums nimmt die Heilige Stiege ein, eine Nachbildung jener Treppe im Statthalterpalast des Pontius Pilatus in Jerusalem (der Legende zufolge heute in Rom), die Jesus bei seiner Verurteilung hinaufgehen musste. Fromme Pilger dürfen die Stiege lediglich betend auf Knien erklimmen. Die schmalen seitlichen Treppen dienen anschließend dem Rückweg. In der Kapelle oberhalb der Stiege ist (für den Touristen nur aus der Ferne) ein Ecce-Homo-Christus zu erspähen. Unterhalb der Stiege befindet sich eine weitere Kapelle.

Schließlich steht oben auf dem Plateau des Kalvarienbergs, westlich der Kirche, noch die Kapelle St. Leonhard (Leonhardikapelle), die wiederum nicht mehr in den Passionszusammenhang gehört, sondern das Ziel einer eigenen Wallfahrt, der Leonhardifahrt, ist.

Dieser Beschreibungstext ist bewusst ausführlicher als üblich gehalten. Denn hier liegt der „Wert“ der „Sehenswürdigkeiten“ nicht in der künstlerischen Meisterschaft der einzelnen Skulpturen oder Malereien (sie stammen auch mehrheitlich von lokalen Künstlern ohne „große Namen“), sondern er liegt im Ensemble als Ganzes. Man muss die Anlage des Kalvarienbergs in der Abfolge der Bauten und Skulpturen durchschreiten und in der Abfolge der dargestellten biblischen Szenen nachvollziehen. Im Zusammenklang von Kunst und Natur bildet der Tölzer Kalvarienberg eine eindrucksvolle Sakrallandschaft.

In Oberitalien (Lombardei/Piemont) wurde eine Anzahl ähnlicher Anlagen, dort „Sacri Monti“ genannt (und nicht nur auf die Passion Christi beschränkt), als UNESCO-Welterbe unter Schutz gestellt. Am bayerischen Alpenrand gibt es nur einige wenige wirklich umfangreiche Kalvarienberg-Anlagen, die sich also nicht nur auf (mehr oder weniger kleinformatige) Kreuzwegstationen beschränken, sondern die das dramatische Geschehen der Passion auch in Skulpturengruppen und/oder Kapellenbauten gewissermaßen „theatralisch“ vor Augen führen. Der Tölzer Kalvarienberg ist eine der bedeutendsten davon.

PS: Eine kleine Anekdote mag die unmittelbare Anschaulichkeit der Darstellungen zeigen. – Als ich gerade in der Annagelungskapelle war, kam auch ein Paar mit einem kleinen Buben herein. Der Knirps fragte seine Eltern: „Lebt der noch?“ Da die Familie gleich danach wieder auf der anderen Treppe verschwunden war, habe ich die Antwort leider nicht mehr mitbekommen. – Ich finde, der Bub ist mit der richtigen Einstellung an die Sache herangegangen: unvoreingenommen, offen-wissbegierig-erlebnishungrig, und (im guten Sinn) ein wenig naiv. Dann kann der Kalvarienberg als Bilder-Bibel seine intendierte Wirkung entfalten.
This is a picture of the Bavarian Baudenkmal (cultural heritage monument) with the ID
D-1-73-112-23 (Wikidata)
Date
Source Own work
Author Martinus KE
Object location47° 45′ 48.92″ N, 11° 33′ 23.36″ E Kartographer map based on OpenStreetMap.View this and other nearby images on: OpenStreetMapinfo

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